Tierisch gute Freunde – Das besondere Band zwischen Kindern und Tieren

9. Nov 2022 | Artikel

Illustration einer Kuh mit ihrer Freundin einem kleinen Mädchen

Ich glaube, ich war ungefähr fünf Jahre alt, als ich das erste Mal in großen, verschnörkelten Buchstaben auf meinen Wunschzettel schrieb: ein Pony! Da man als Kind ja verhandlungsbereit ist, hätte ich mich auch zu einem Kaninchen überreden lassen. Und da der Wunsch so groß war, würde man natürlich auf alle anderen Geschenke verzichten. Ganz ehrlich, für mindestens hundertunddrölf Jahre! Kommt euch das bekannt vor? Vielleicht von euren Kindern, aber vielleicht auch von euch selber. Aber die sorgsam bemalten Wunschzettel sind nicht der einzige Beweis, dass Kinder eine tiefe Verbindung zu Tieren haben. Es hat einen guten Grund, warum Tiere in Kinderfilmen und -büchern besonders oft einen wichtigen Part einnehmen und es sich bei den Plüschtieren meist auch eher um tierische Gesellschafter als um einen Plüsch-Traktor handelt.

Was bewirken Tiere bei Kindern?

Selbst wenn man kein Wissenschaftler ist, entgeht einem nicht die Wirkung, die Tiere auf Kinder haben. Aber was genau passiert da? Und wie kann das Miteinander Kinder beeinflussen? Mittlerweile wurde mehrfach wissenschaftlich bewiesen, dass das Streicheln eines Hundes oder einer anderen Fellnase den Stresspegel senkt. Wenn der schnurrende Stubentiger wie eine summende Wärmeflasche auf unserem Bauch liegt, dann sinkt der Cortisolspiegel und steigert das Glücksgefühl, in dem unser Gehirn Oxytocin ausschüttet. Zudem dienen die oft kuriosen bis ulkigen Aktionen der Haustiere meist als abwechslungsreiche Gesprächsgrundlage und die regelmäßige Gassi-Runde wird mancher Couch-Potato die nötige Bewegung verschaffen.

Das Faszinierende ist, dass diese Wirkung nicht nur die flauschigen Gesellen auf Kinder haben. Ebenso Amphibien, Greifvögel oder Bauernhoftiere können eine erstaunliche Ruhe in Kindern auslösen. So berichtet eine Falknerin bei der Arbeit mit Kindern, die sonst erhebliche Schwierigkeiten haben, sich auf eine Sache zu konzentrieren, dass die Kinder plötzlich die Ruhe selbst waren. Sie hielten geduldig ihren behandschuhten Arm in die Luft, damit der Greifvogel landen kann und sich nicht erschrickt.

Einige Einrichtungen setzen Achat-Schnecken ein. Die großen Kriechtiere wecken den Forschergeist und sind gerade durch ihre Langsamkeit bei Kindern beliebt. Vor allem Kinder, die ein wenig länger brauchen, um ihre Umgebung zu erfassen, genießen die Zeit, die ihnen die Schnecken geben, um sie zu beobachten. Auch bei meinen Hühnern und Laufenten kann ich oft eine erstaunliche Begegnung mit Kindern bemerken. Die ganzheitliche Wahrnehmung des Tieres mit ihren Federn, Schnäbeln und Krallen wird gefördert. Und wenn so eine neugierige Laufente schnatternd aus der Hand frisst, werden ebenfalls alle Sinne angesprochen: Das Kitzeln auf der Hand, die Geräusche des Tieres. Oft gibt es einen kleinen Schreck bei der ersten Berührung und dann wird herzlich gelacht. Meist bekommen die Kinder gar nicht genug vom Geflügel und freuen sich, die gesammelten Federn als Trophäe mit nach Hause zu nehmen. Dies ist ein Effekt, der bei vielen Bauernhoftieren zu beobachten ist. Sei es die Kuh, das Schwein oder eben das Huhn: Die Nutztiere werden als fühlende Individuen kennengelernt und diese Schlüsselerfahrung kann die Empathie und Wertschätzung fördern.

Immer nur Hund, Katze oder Hamster?

Aber es gibt noch einen faszinierenden Bereich, sogar ein ganzes Reich, in dem Kinder mit Tieren in Kontakt kommen und sehr viel erfahren können: die Welt der Insekten. Tagtäglich umgeben sie uns und doch nehmen wir sie kaum wahr. Kinder haben anfänglich keine Scheu vor den Krabbeltieren und finden sie eher interessant. Warum diese natürliche Neugierde nicht weiter fördern? Mit einem weißen, kleinen Tuch bestückt geht es raus in die Natur und man kann die fleißigen Tierchen gut beobachten. Von Becherlupen bitte ich an dieser Stelle Abstand zu nehmen und die Tiere anschließend unbedingt wieder in ihren Lebensraum zu entlassen.

Iiiih- eine Spinne!

Obwohl ein Gliederfüßer sehr andersartig aussieht, so es ist er doch ein äußerst hilfreicher Geselle. Zum einen bestätigt er euch, dass ihr ein gutes Raumklima habt, und als Dank dafür hält er euer Zimmer frei von Fliegen. Das ist doch eigentlich ein guter Deal, oder? Wenn ihr die Spinne nicht in eurem Zimmer haben wollt, dann einfach ein Glas darüber stülpen und ein Stück Pappe zwischen Wand und Glas schieben. So könnt ihr die Spinne ganz einfach nach draußen setzen, wo sie sich ein neues zu Hause suchen kann. Keine der in Deutschland heimischen Spinnen ist wirklich gefährlich für den Menschen!

Erforschen des Ameisen-Staates Ihr habt im Wald einen Ameisenhaufen gefunden?

Dann könnt ihr zum Beispiel ein hartgekochtes Ei mitbringen und das den Ameisen in kleinen Stücken anbieten. Dabei könnt ihr beobachten, wie sie sich untereinander organisieren, und die Eierstückchen in ihren Bau bringen. Ameisen sind sehr stark und können das 100-fache ihres Körpergewichtes tragen!

Illustration eines Kindes sitzend vor einem Ameisenhaufen

Warum sollten Kinder etwas über Tiere lernen?

Die große Begeisterung und Empathie, die Kindern Tieren gegenüber entwickeln können, wirkt sich auf ihr weiteres Sozialverhalten aus. Nicht nur die Gesundheit wird gefördert, sondern ebenfalls ihr Verantwortungsbewusstsein und ihre Acht-
samkeit. Für Kinder verschwimmt die Andersartigkeit zunehmend und sie machen keinen großen Unterschied zwischen Mensch und Tier. Lebewesen ist Lebewesen. Ist das nicht die schönste Form von Vielfalt, die wir uns für die Zukunft
wünschen können?

Muss es gleich ein eigenes Tier sein?

Aber wie geht man nun damit um, wenn der Tier-Wunsch so groß ist? Der Kinder-Wunsch nach einem Haustier ist uns allen bekannt und laut einer Studie des Deutschen Verband der Spielwaren-Industrie e. V. liegt er sogar auf Platz 1. Noch vor Computer und Fernseher. Wie also sollte man mit diesem Wunsch umgehen und sollte man ihm nachgeben? Wir haben ein paar Kinder befragt, warum sie sich ein Haustier wünschen. Bei einer Umfrage von 5- bis 11-jährigen Jungen und Mädchen wurden drei Themen häufig genannt:

Sprechblasen

Da einige dieser Kinder bereits ein Tier, wie z.B. einen Hamster oder eine Bartagame, als Haustier haben, fragten wir, ob ihnen denn nun das Kuscheln fehlen würde. Aber dies sei nicht der Fall, weil das Beobachten wohl genauso viel Spaß macht.

 

Im Tierschutzgesetz steht: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen.“

Daher sollte das erste Ziel einer jeden Tierhaltung sein, sie möglichst artgerecht zu gestalten. Doch da fängt das Problem meistens schon an. Woher weiß ich denn, wie man ein Meerschweinchen artgerecht hält? Ist die Beratung in Zoofachhandel wirklich immer in erster Linie zum Wohle des Tieres? Leider musste ich oft feststellen, dass dies nicht so ist. Da wurden mir Hamster als Gruppentiere angepriesen und die Pflege vom Aquarium deutlich heruntergespielt. Also hilft nur, sich selber in die Lektüre zu stürzen, bei Tierheimen oder guten Züchtern nachzufragen.

Wichtig ist: Die Tiere dürfen auf keinen Fall nur für die Kinder angeschafft werden.

Gerade Kleintiere, Vögel und Fische können, je nach Alter der Kinder, nach einer Weile ihren Reiz verlieren und werden dann herumgereicht wie in Wanderpokal. Das ist leider kein artgerechtes Dasein. Man muss sich als Eltern bewusst sein, dass die Hauptverantwortung und die meisten Aufgaben bei ihnen liegen werden. Kinder können sowas noch nicht einschätzen und auch nicht leisten. Das ist völlig normal und man sollte sie nicht dazu nötigen.

Aber die gute Nachricht ist: Es gibt so viele wunderbare Möglichkeiten, trotzdem in Kontakt mit Tieren zu kommen:

Vielleicht gibt es in eurer Nachbarschaft einen Hund, den ihr bei den Gassirunden begleiten könnt. Nach einer gewissen Eingewöhnung könnt ihr als Familie vielleicht auch mal alleine gehen oder den Hund in Pflege nehmen, wenn die Besitzer verreisen. Bei dieser Gelegenheit kann man ebenfalls eine tolle Bindung zu der Fellnase aufbauen und man kann hervorragend ausprobieren, ob man denn tatsächlich bei Wind und Wetter Gassi gehen möchte.

Eine weitere Idee wäre ein Ehrenamt im Tierheim:

Da gibt es gleich mehrere Möglichkeiten, aktiv zu werden. Zum einen kann man dort Patenschaften zum Gassi gehen mit Hunden übernehmen, man kann aber auch in der Katzenstation helfen. Ich gehe zum Beispiel zwei Mal im Monat mit der Tochter einer Freundin die Katzenstation versorgen. Da füttern wir, machen die Klos sauber, geben Medikamente, kuscheln und spielen natürlich ganz viel. Manchmal lesen wir den Katzen etwas vor. Über diese Gesellschaft freuen sich die Stubentiger sehr und schmiegen sich kuschelnd an einen ran.

Fazit: Kinder und Tiere sind eine wichtige Verbindung. Diese Beziehung zu fördern und zu erhalten ist für alle Parteien eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Kinder lernen Empathie und Verantwortung, die Tiere erfahren Liebe und Respekt. Diese Erfahrungen prägen für den Rest des Lebens und sind für ein nachhaltiges Miteinander von unschätzbaren Wert. Es muss nicht immer das eigene Tier sein. Es gibt viele kreative Möglichkeiten, mit den unterschiedlichen Wesen in Kontakt zu treten und allerlei zu erleben! Wir wünschen euch viel Spaß bei euren Entdeckungen!

 

Text von Yve Brüggemann, Illustrationen von Pari Mahroum

 

Foto von Yve Brüggemann mit Pferd
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